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Kann das Erhöhen der Quote der Gymiaufnahme mehr Chancengleichheit schaffen?

Immer wieder wird behauptet, dass es keine Chancengleichheit im Schweizer Bildungssystem gebe. Um die Chancengleichheit zu verbessern, wird unter anderem das Erhöhen der Gymiquote vorgeschlagen. Aber führt das Schaffen weiterer Gymnasialplätze durch ein Gymiquote-Erhöhen wirklich zu mehr Chancengleichheit bzw. Chancengerechtigkeit bei der Bildung?

Im folgenden Beitrag werden wir der Frage nachgehen, ob man mit der Erhöhung der Gymnasialquote mehr Chancengleichheit erreichen kann.

Inhaltsverzeichnis

  1. Gymnasiale Maturitätsquote im Kanton Zürich und in der Schweiz
  2. Schafft Erhöhung der Gymnasialquote mehr Chancengleichheit?
  3. Fazit zum Gymiquote-Erhöhen

1. Gymnasiale Maturitätsquote im Kanton Zürich und in der Schweiz

Die Gymiquote bringt zum Ausdruck, wie viele Personen die gymnasiale Maturität erhalten haben. Nicht verwechseln darf man die Gymiquote mit der allgemeinen Maturitätsquote in der Schweiz. Denn wenn zum Beispiel das Schweizer Bundesamt für Statistik von Maturitätsquote spricht, meint es damit nicht nur die gymnasialen Maturitäten, also nicht nur die Gymiquote, sondern auch die Berufsmaturitäten und die Fachmaturitäten. Wenn man nur über die Gymiquote sprechen möchte, muss man zur Klarstellung also gymnasiale Maturitätsquote sagen.

Die gymnasiale Maturität erhält man in der Schweiz, wenn man das Kurzzeitgymnasium oder das Langzeitgymnasium erfolgreich mit der Matura abgeschlossen hat.

Die Berufsmaturität erhält, wer die Berufsmaturitätsschule bzw. Berufsmittelschule (BMS) während oder nach einer Berufslehre abgeschlossen hat.

Und die Fachmaturität können Schüler erwerben, die nach erfolgreichem Fachmittelschulabschluss an einer Fachmittelschule bzw. Fachmaturitätsschule (FMS) ein weiteres Jahr zu dieser Schule gehen und dann mit der Fachmatura abschliessen.

Laut dem Schweizer Bundesamt für Statistik lag die allgemeine Maturitätsquote auf die gesamte Schweiz bezogen im Jahr 2021 bei 47,7 Prozent unter der Bevölkerung bis zum 25. Altersjahr. Betrachtet man lediglich die gymnasiale Maturitätsquote (Gymiquote), so lag diese im Jahr 2021 gesamtschweizerisch bei 22,6 Prozent in Bezug auf Personen bis zum 25. Altersjahr.

Im Kanton Zürich ist die Gymiquote mit 21,5 Prozent sehr nah am schweizerischen Durchschnitt. Aber es gibt Kantone, in denen die Gymiquote bei über 30 Prozent liegt, also wesentlich höher ist: Im Kanton Genf beträgt die Gymiquote 33,6 Prozent, im Tessin 33,2 Prozent, im Kanton Waadt 32,5 Prozent und im Kanton Basel-Stadt 30,5 Prozent. Allerdings gibt es auch Kantone, in denen die Gymnasialquote wesentlich niedriger ist als im Kanton Zürich. Am tiefsten ist die Gymiquote mit 12,9 Prozent im Kanton Schaffhausen.

2. Schafft Erhöhung der Gymnasialquote mehr Chancengleichheit?

Erst kürzlich flammte die Diskussion um die Chancengleichheit im Schweizer Bildungssystem wieder auf, als der Tagesanzeiger anhand von Studiendaten aus der sogenannten TREE-Studie folgerte, dass Kinder von Akademikern eine doppelt so grosse Chance auf einen Uni-Abschluss hätten als Kinder von Nicht-Akademiker-Eltern. In einem Leserkommentar zum Tagesanzeiger-Artikel wurde in diesem Zusammenhang die Erhöhung der Gymiquote auf circa 30 Prozent gefordert, was nach Meinung der Leserin zu einer massiven Erhöhung der Chancengleichheit führen würde.

Angesichts des Vergleiches der Zürcher Gymiquote (circa 20 Prozent) mit derjenigen von Genf, Basel-Stadt, vom Tessin oder etwa vom Kanton Waadt, wo die Gymnasialquoten bereits heute bei circa 30 Prozent liegen, könnte man sagen, dass es nicht aussergewöhnlich wäre, wenn der Kanton Zürich für eine höhere Gymiquote im Kanton sorgen würde.

Aber würde das Erhöhen der Gymiquote von circa 20 auf 30 Prozent im Kanton Zürich tatsächlich für mehr Chancengleichheit in der Bildung sorgen? Die Bildungsforscherin Dr. Benita Combet von der Universität Zürich bezweifelt das. Ihrer Meinung nach würde selbst eine noch stärkere Erhöhung der Gymiquote nicht zu mehr Chancengleichheit führen, sondern den Wettbewerb um die Gymnasialplätze nur verschieben. Selbst wenn die Gymiquote auf 80 Prozent erhöht würde, hätte das lediglich zur Folge, dass es für Schüler aus privilegierten Familien eine Selbstverständlichkeit werde, ans Gymnasium zu gehen. Schüler aus den unteren Schichten würden sich dann um die restlichen Plätze streiten.

In die gleiche Richtung argumentiert auch der Leiter des Zürcher Mittelschul- und Berufsbildungsamtes, Niklaus Schatzmann, der ebenfalls nichts vom GymiquoteErhöhen hält. Mehr Gymnasialplätze würden nur dazu führen, dass mehr Kinder von gebildeten Eltern ans Gymnasium gehen würden. Für Schatzmann sei das heutige Übertrittsverfahren aus der Kombination Gymiprüfung und Vornoten bereits geeignet, die tauglichsten Schüler fürs Gymnasium zu finden. Dies zeige sich daran, dass so viele Schüler die Probezeit am Gymnasium bestehen würden. Im Jahr 2023/2024 lag die Bestehensquote der Gymi-Probezeit beim Langgymnasium bei 92 Prozent und beim Kurzgymnasium bei 88,3 Prozent.

Damit die Schüler die Probezeit bestehen, empfiehlt sich der Besuch eines ProbezeitVorbereitungskurses und die Teilnahme an einem Probezeit-Begleitkurs. Buchen Sie jetzt einen solchen Probezeit-Kurs beim Lern-Forum.

Auch die Bildungsforscherin Prof. Dr. Elsbeth Stern von der ETH Zürich geht davon aus, dass eine Erhöhung der Gymiquote nicht zu mehr Chancengerechtigkeit führen würde, solange man nichts an den Auswahlkriterien ändern würde, um wirklich die intelligentesten Kinder für das Gymnasium zu finden. Ohne Änderung des Übertrittsverfahrens ans Gymnasium müsse man laut Prof. Dr. Elsbeth Stern befürchten, dass die zusätzlich geschaffenen Gymnasialplätze von Kindern aus privilegierten Familien besetzt würden.

Die Bildungssoziologin Prof. Dr. Regula Leeman widerspricht den Annahmen von den Forscherinnen Stern und Combet und sagt, dass ab einer Gymiquote von 30 bis 40 Prozent - wie sie in in Basel-Stadt (30,5 %) oder in Genf (33,6 %) existiere - die soziale Ungleichheit abnehme. Kinder aus Familien, in denen die Eltern nicht Akademiker sind, hätten bei solchen Gymiquoten also bessere Chancen, einen Platz am Gymnasium zu bekommen.

3. Fazit zum Gymiquote-Erhöhen

Es ist zu bezweifeln, dass die Erhöhung der Gymiplätze automatisch zu mehr Chancengerechtigkeit führen würde. Denn ein Faktor, der immer wieder mitverantwortlich für die Chancenungleichheit gemacht wird, ist, dass Nicht-AkademikerEltern ihre Kinder nicht ausreichend animieren würden, ans Gymnasium überzutreten. Ohne Eigeninitiative der Nicht-Akademiker-Kinder ist daher davon auszugehen, dass die zusätzlichen Gymiplätze von Akademiker-Kindern besetzt werden, die von ihren Eltern entsprechend motiviert und gefördert werden.

Teilweise fühlen sich Kinder aus der Unterschicht auch schlicht gehemmt, an das aus ihrer Sicht noble Gymnasium zu wechseln. Sie fühlen sich beim Gedanken, am Gymnasium zu sein, ausgegrenzt.

Längerfristig wird der Schweiz und damit insbesondere Kantonen mit niedrigen Gymiquoten wie Zürich aus ökonomischen Gründen nichts anderes übrig bleiben, als die gymnasiale Maturitätsquote zu erhöhen, wenn viele offene Stellen für Akademiker anders nicht mehr besetzt werden können. Menschen mit einer höheren Bildung sind ausserdem agiler. Durch Bildung wird das Gehirn trainiert.

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